Dabei sollten am ersten Montag im Monat vormittags bekannte Personen im Sitzungsraum aus ihrem Leben oder über ein selbstgewähltes Thema erzählen. Hernach wäre ein reger Gedankenaustausch in der Stroßa Speis erwünscht.
Für die erste „Doze ilstunde“ am Vormittag des 6. Oktober 2025 hatte sich Bernhard Senfter, „der letzte Knecht bei Lenzer“, bereit erklärt, sein abenteuerliches Leben Revue passieren zu lassen. Fast professionell – mit Bildern und Kurztexten auf der Leinwand und assistiert von Gabriel Wurzer – trat Bernhard vor die Besucher im vollbesetzten Sitzungsraum.
Einfache Kindheit und langer Schulweg (1954-1971)
Bernhard wurde 1954 als Sohn von Maria Senfter, vlg. Obwurzer Moidele, und Josef Wurzer, Großbauer im Winkeltal, bei dem sie als Magd diente, als sog. „lediges Kind“ in Sillian geboren. Seine frühe Kindheit verbrachte er bei seiner Mame und ihrer Familie zu Obwurzen (Bergbauernhof auf 1700m Höhe). Erst 1962, mit acht Jahren, begann er die Volksschule, musste aber die erste Klasse wegen einer Blinddarmoperation wiederholen. Jeden Tag hatte er den Schulweg auf einem Steig mit 400m Höhenunterschied zu bewältigen, auch im Winter bei viel Schnee.
Fast zehn Jahre alt, empfing er 1964 die Erstkommunion, und mit 15 Jahren beendete er die Volksschule in der 6. Klasse. Als Kind und Schüler wurde er streng erzogen und bekam daheim nicht selten die Rute zu spüren. Im Sommer war er immer beim Vieh auf der Alm und half beim Hüten und Melken.
26 Jahre Knecht „bei Lenzer“ in Strassen (1971-1997)
Mit 17 Jahren hatte Bernhard den Berufswunsch, auf einem Bauernhof im Stall und Feld zu arbeiten. Gerade damals suchte der Gasthof Lenzer in Strassen für seine Landwirtschaft einen Knecht und stellte Bernhard in seinen Dienst. Bei Lenzer hatte Bernhard den richtigen Arbeitsplatz gefunden, denn die Stallarbeit mit Kühen, Kälbern, Rössern, Schweinen und Hennen sowie das Ernten von Heu, Korn und Erdäpfeln und auch das Einbringen ins Lenzer Futterhaus waren genau das Richtige für ihn. Arbeit gab es genug, aber wenig Lohn, dafür jedoch gutes, ausreichendes Essen und die einfache Unterkunft gratis, zuerst im Futterhaus, dann im Lenzer Zuhäusl. Mit Hanne und anderen Arbeitskräften bei Lenzer kam Bernhard gut aus.
Zu Lenzer verlebte Bernhard seine Jugendzeit, die er in der Freizeit für manch lustige Unternehmungen nützte, aber auch manchen Streichen ausgesetzt war. Vor allem beim Watten mit Freunden in Heising, entwickelte er fast eine Leidenschaft, dabei sorgte auch manches Bier für gute Stimmung. Im Winter machte er gerne eine Schlittenfahrt auf der Tessenberger Landesstraße. Auch kaufte er sich ein Fahrrad und später sogar ein Moped. Da passierte es nicht selten, dass auch seine Freunde diese Fahrzeuge ausprobierten oder sie vor Bernhard versteckten. Er nahm die Späße nicht gar zu ernst, sodass die Jugendzeit ein schöner und vor allem lustiger Abschnitt in seinem Leben war. Als Lenzer im Jahre 1997 die Landwirtschaft aufließen, musste Bernhard Strassen verlassen.
Bei seiner Mutter auf dem Hochkofel (1997-2006)
Bernhards leibliche Mutter Maria Senfter hatte vor Jahren den Bauern zu „Hochkofel“, Benjamin Wurzer geheiratet und 1977 war Maria Wurzer, eine Halbschwester zu Bernhard, geboren worden. Benjamin holte Bernhard als Arbeitskraft auf den „Hochkofel“-Berghof, wo er fortan für Unterkunft, Verpflegung und einen kleinen Lohn bei allen landwirtschaftlichen Arbeiten mithelfen musste. Da starb unerwartet am 23. 11. 2002 seine Mutter, und Bernhard merkte bald, dass nun niemand mehr auf sein Wohl bedacht war und es beim Arbeiten vermehrt zu Meinungsverschiedenheiten und sogar Streit kam. Da wusste er, nun 52 Jahre alt, dass es gescheiter war, den „Hochkofel“ zu verlassen und sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen.
Bei der Lebenshilfe Sillian (2006-heute)
Auf Anraten seiner Kusine Dagmar (wohnhaft in Strassen) fragten sein Onkel Josef (sein Erwachsenen-Vertreter) und seine Tante Burgi bei der Lebenshilfe Sillian nach, ob Bernhard dort arbeiten und wohnen könnte, und sie erhielten die Zusage. Als er von Villgraten nach Sillian zog, sang er das Lied „Ein Zigeuner verlässt seine Heimat“.
Am 1. Juni 2006 trat er seinen Arbeitsplatz in der Werkstatt Sillian an und bezog auch seine neue Wohnung in Sillian. Sie besteht aus zwei Räumen: einer Wohnküche mit Schlafgelegenheit und einem Bad mit WC. Zuerst war es neu, allein zu wohnen, aber mit Unterstützung durch die Mitarbeiter der Lebenshilfe fand er sich bald zurecht. Er gestaltet nun das Wochenende allein, putzt freitags seine Wohnung und hat auch das Kochen einfacher Speisen gelernt: Omeletten, Schmarren, Mus, Püree mit Goggile, Polenta usw.
In der Werkstatt Sillian wurde er vom Stallknecht zum „Weberknecht“ umgelernt; das Weben zeigte ihm der Chef Andrä selbst und Bernhard war mit Freude bei der Sache. Heute bewältigt er Arbeiten in der Küche und mit Holz, auch Aufgaben der Firmen Hella und Schösswender sowie die Rasenpflege im Friedhof und bei der Volksschule Strassen wie auch bei Heinfelser Wohnbauten, weiters als Kellner in der Stroßa Speis, dazu noch Übungen mit Computer und Handy, im Winter auch Schneeräumen und das ganze Jahr über Tätigkeiten als Obmann der „Rüstigen“ (über 60 Jahre) in der Werkstatt.
Manchmal macht er eine Wanderung oder einen Radausflug und besucht auch die Kirche, sodass er Freude am Leben hat. Am 11. Juli 2025 feierte er seinen 70. Geburtstag und viele gratulierten ihm in der Stroßa Speis.
Bernhards Alltag
Er erzählte: „Ich habe zwei Meerschweinchen, für die ich in Lienz Futter und Streu einkaufe, und ich gehe jeden Tag gerne in die Werkstatt arbeiten. Täglich koche ich auch für mich und spaziere ins Marktl oder in die Wichtelmeile. Am Wochenende mache ich einen Gasthausbesuch, dort gibt es oft einen „Karter“. Regelmäßig bin ich auch am Computer, um das Wetter zu schauen und Musik zu „lousn“, und betätige auch mein Handy. Am Sonntag besuche ich die hl. Messe und den Friedhof und verrichte täglich auch mein Gebet. Einmal im Monat ist „Singen“ in der Sprengelstube Abfaltersbach angesagt und zweimal das Vierer-Watten mit den Sillianer Senioren im Kultursaal. Im Sommer ist immer Radfahren auf dem Programm, im Winter Schlittenfahren und Schneeschuhwandern.“
Bernhard bedankte sich für alles und hatte noch einige Wünsche
„Ich danke dem Herrgott jeden Tag für den guten Platz, den ich jetzt habe. Meinem Chef Andrä und allen meinen Begleitern sage ich Vergelt’s Gott für die Betreuung und dass sie es mit mir so gut meinen. Mir ist es im Leben noch nie so gut gegangen wie in der Lebenshilfe.
Ich möchte noch lange in der Werkstatt Sillian arbeiten und in der Stroßa Speis tätig sein.
Meine Arbeitszeit wäre aber meiner Gesundheit anzupassen, wie ich seit meinem Siebziger schon um 14 Uhr die Werkstatt verlassen darf.
Solange wie möglich will ich in meiner Wohnung bleiben, danach wäre mir betreutes Wohnen mit Nachtdienst recht.
Wenn ich die Arbeit nicht mehr schaffe, so will ich dennoch „Die Rüstigen“ und die Senioren in Sillian noch oft treffen, besonders gerne zu einem „Karter“.
Zum Schluss sagte Bernhard allen Anwesenden v i e l e n D a n k fürs Kommen, und dass er von seinem Leben erzählen durfte.
Wir Besucher antworteten Bernhard mit einem kräftigen V e r g e l t s g o t t und Applaus!
Er hat sehr interessant, spannend und humorvoll von seinem Leben erzählt!
Hoffentlich treffen wir ihn noch lange in der Stroßa Speis!
https://www.gemeinde-strassen.at/live/gemeinde-strassen-news/item/1156-bernhard-senfter-erzaehlte-seine-lebensgeschichte#sigProId2257e72e89
Text und Fotos: Karl Schett



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